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Ist Kokosöl wirklich so gesund wie sein Ruf?

Kokosöl gilt als Superfood – doch was sagt die Wissenschaft wirklich über seine gesundheitlichen Vorteile?

Zuerst war es ein Geheimtipp unter Ernährungsfans, dann lag es plötzlich in jedem Supermarktregal: Kokosöl. Ob zum Braten, Backen oder sogar als Hautpflege – das pflanzliche Fett hat sich in den letzten Jahren einen echten Gesundheits-Hype erarbeitet. Aber ist dieser Ruf gerechtfertigt? Oder verbirgt sich hinter dem exotischen Öl ein Gesundheitsrisiko, das oft unterschätzt wird? In diesem Artikel schauen wir genau hin: Was steckt drin, wie wirkt es im Körper – und wann sollte man besser die Finger davon lassen?

Eine kleine Szene aus dem Alltag

Julia steht im Supermarkt, ein Glas Kokosöl in der Hand. „100 % naturrein“, „ideal zum Braten“, „gesund für Herz und Stoffwechsel“ – liest sie auf dem Etikett. Klingt gut, denkt sie, und legt es in den Einkaufswagen. Doch am Abend, beim Scrollen durch einen Gesundheitsblog, liest sie etwas ganz anderes: Kokosöl sei doch gar nicht so gesund – sogar potenziell schädlich. Verwirrt stellt sie sich die Frage: Was stimmt denn nun?

Was genau ist Kokosöl eigentlich?

Kokosöl wird aus dem Fruchtfleisch der Kokosnuss gewonnen, entweder durch Kaltpressung (bei nativem Kokosöl) oder durch industrielle Verfahren (raffiniertes Kokosöl). Im festen Zustand sieht es aus wie weißes Fett, bei Temperaturen über 24 Grad wird es flüssig und durchsichtig.

Der Hauptbestandteil von Kokosöl sind gesättigte Fettsäuren – vor allem die sogenannte Laurinsäure. Diese macht etwa 45–50 % des Fetts aus und ist in dieser Konzentration in kaum einem anderen pflanzlichen Öl enthalten. Aber genau hier beginnt die Debatte.

Gesättigte Fettsäuren – Freund oder Feind?

Gesättigte Fettsäuren gelten seit Jahrzehnten als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Studien haben gezeigt, dass ein hoher Konsum dieser Fette den LDL-Cholesterinspiegel (das „schlechte“ Cholesterin) ansteigen lassen kann – was langfristig das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht.

Kokosöl enthält davon mehr als Butter – rund 90 % der Fette sind gesättigt. Das hat selbst die renommierte American Heart Association 2017 dazu bewogen, eine klare Warnung auszusprechen: Kokosöl sei nicht gesund fürs Herz. Eine klare Aussage, die viele überraschte – besonders, weil andere Stimmen immer wieder das Gegenteil behaupten.

Die Sache mit der Laurinsäure

Ein Teil des Lobes für Kokosöl bezieht sich auf die Laurinsäure – eine mittelkettige Fettsäure, der positive Effekte nachgesagt werden: Sie soll das HDL-Cholesterin (das „gute“) erhöhen und antimikrobielle Eigenschaften besitzen. In der Tat kann Laurinsäure in kleinen Mengen positive Wirkungen entfalten.

Doch viele Fachleute geben zu bedenken: Laurinsäure wirkt im Körper nicht eindeutig wie eine mittelkettige Fettsäure, sondern eher wie eine langkettige – und damit ähnlich wie die gesättigten Fette aus tierischen Produkten. Kurzum: Die potenziellen Vorteile der Laurinsäure rechtfertigen nicht automatisch einen großzügigen Konsum von Kokosöl.

Was sagen unabhängige Studien?

Schauen wir auf die Wissenschaft: Es gibt tatsächlich Studien, die Kokosöl eine Erhöhung des HDL-Cholesterins bescheinigen. Aber: Gleichzeitig steigt auch das LDL. Und das ist ein Risiko. Im Vergleich zu ungesättigten Pflanzenölen wie Raps-, Lein- oder Olivenöl schneidet Kokosöl deutlich schlechter ab – sowohl was den Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System angeht als auch in Bezug auf die Gesamtsterblichkeit.

In einer großen Meta-Analyse aus dem Jahr 2020 wurde Kokosöl mit anderen Fetten verglichen. Das Fazit: Der Verzehr von Kokosöl führte zu einer signifikanten Erhöhung von LDL-Cholesterin. Und das wiederum kann das Risiko für Herzerkrankungen steigern – auch wenn HDL ebenfalls leicht ansteigt.

Gesundheitsversprechen im Marketing – wie viel ist dran?

Hersteller und Kokosöl-Fans betonen gerne die natürlichen, antimikrobiellen und antioxidativen Eigenschaften des Öls. Doch oft wird dabei verschwiegen, dass diese Effekte meist nur in Laborversuchen festgestellt wurden – nicht aber in großen Studien am Menschen.

Zudem wirkt Kokosöl antibakteriell hauptsächlich auf der Haut – etwa gegen bestimmte Keime. Diese Wirkung auf den Verdauungstrakt oder den Stoffwechsel zu übertragen, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Hier gilt: Was auf der Haut wirkt, muss im Körper nicht dieselbe Wirkung entfalten.

Wie sinnvoll ist Kokosöl in der Küche?

Kokosöl hat tatsächlich einen praktischen Vorteil: Es ist sehr hitzestabil. Anders als viele andere Pflanzenöle kann es beim Braten nicht so leicht oxidieren, weil die gesättigten Fette temperaturbeständiger sind. Das macht es für bestimmte Anwendungen – etwa asiatische Gerichte im Wok oder scharfes Anbraten – durchaus sinnvoll.

Aber das heißt nicht, dass es automatisch die gesündeste Wahl ist. Wer auf Herzgesundheit und Cholesterinwerte achtet, fährt mit Rapsöl, Olivenöl oder anderen ungesättigten Pflanzenfetten deutlich besser.

Ist Kokosöl zum Abnehmen geeignet?

Auch hier lautet die Antwort: mit Einschränkungen. Kokosöl enthält wie jedes Fett etwa 9 Kalorien pro Gramm – das ist eine ganze Menge. Zwar wird oft behauptet, dass mittelkettige Fettsäuren schneller verstoffwechselt werden und daher beim Abnehmen helfen – aber der Effekt ist im Alltag minimal.

Eine kleine Studie zeigte zwar, dass Menschen, die mittelkettige Fettsäuren (aus speziellen MCT-Ölen) konsumierten, etwas mehr Energie verbrauchten – doch das betrifft nicht automatisch herkömmliches Kokosöl. Denn der Gehalt an echten MCTs ist darin relativ gering. Kurz gesagt: Kokosöl ist kein Wundermittel zum Abnehmen.

Wie sieht es mit Haut und Haar aus?

Viele schwören auf Kokosöl zur Pflege von Haut und Haaren – und hier gibt es tatsächlich einige Vorteile. Es wirkt feuchtigkeitsspendend, antibakteriell (z. B. gegen bestimmte Hautkeime) und kann sprödes Haar glätten. Vor allem in der Naturkosmetik ist es beliebt.

Wichtig: Wer zu unreiner Haut oder zu Akne neigt, sollte vorsichtig sein. Kokosöl kann die Poren verstopfen und sogenannte Komedogeneffekte auslösen. Am besten erst auf einer kleinen Hautstelle testen.

Für wen kann Kokosöl problematisch sein?

Besonders Menschen mit erhöhtem Cholesterinspiegel oder familiärer Vorbelastung für Herzkrankheiten sollten zurückhaltend sein. Auch wer sich grundsätzlich herzgesund ernähren will, greift besser zu pflanzlichen Ölen mit einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Für gesunde Menschen gilt: In kleinen Mengen, etwa als Aroma-Zutat oder gelegentlich zum Braten, ist Kokosöl vertretbar. Es sollte aber nicht als tägliches Grundnahrungsmittel eingesetzt werden.

Alltagstipp: Die richtige Balance finden

Ein Löffel Kokosöl im Curry? Kein Problem. Jeden Tag ein Esslöffel pur auf nüchternen Magen, wie es manche Influencer empfehlen? Lieber nicht. Die Dosis macht – wie so oft – das Gift.

Merksatz: Kokosöl ist kein Superfood, aber auch kein Teufelszeug. Entscheidend ist das Maß – und der Blick auf die Gesamtbilanz der Ernährung.

Fazit: Mehr Realität, weniger Hype

Kokosöl hat einige interessante Eigenschaften, vor allem in der Küche und in der Hautpflege. Doch als tägliches Gesundheitselixier eignet es sich nicht – dafür sprechen zu viele Studien gegen einen übermäßigen Konsum. Wer sich ausgewogen ernährt und auf sein Herz achtet, ist mit klassischen Pflanzenölen besser beraten.

Und für Julia aus dem Supermarkt? Die darf ihr Kokosöl ruhig verwenden – aber eben mit Maß und Ziel. Vielleicht steht beim nächsten Einkauf dann auch eine Flasche Rapsöl neben dem Glas Kokosfett im Wagen.

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