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Die Männergrippe – Mythos oder medizinische Realität?

Warum Männer bei Erkältungen oft stärker leiden – und was wirklich dran ist.

Man kennt die Szene: Ein Mann liegt mit verquollenen Augen auf dem Sofa, die Taschentücher stapeln sich, Tee dampft auf dem Beistelltisch – und er stöhnt dramatisch: „Ich glaube, ich überlebe das nicht!“ Die Reaktionen darauf? Zwischen liebevollem Augenrollen und spöttischem „Stell dich nicht so an!“ ist alles dabei. Willkommen im Mythos der sogenannten Männergrippe. Aber steckt da vielleicht mehr dahinter, als bloß Klischees?

Männergrippe: Ein Begriff zwischen Spott und Realität

Die Männergrippe ist längst Teil unserer Alltagskultur geworden. Social-Media-Memes, Karikaturen und sogar Werbespots spielen mit dem Bild des leidenden Mannes, der wegen eines kleinen Infekts völlig ausfällt. Frauen belächeln das häufig – schließlich erleben sie Menstruationsbeschwerden, Geburten und hormonelle Achterbahnfahrten, ohne gleich den Notstand auszurufen. Doch ist die Männergrippe tatsächlich nur eine übertriebene Show – oder gibt es einen biologischen Grund, warum Männer anders auf Infekte reagieren?

 

Wissenschaftliche Studien haben sich tatsächlich mit dieser Frage beschäftigt. Und Überraschung: Es gibt Hinweise darauf, dass Männer anders auf virale Infekte reagieren – sowohl körperlich als auch psychisch. Aber was genau passiert da?

Immunsystem: Männer und Frauen ticken unterschiedlich

Der menschliche Körper ist ein kleines Wunderwerk – und doch arbeitet er bei Männern und Frauen nicht ganz gleich. Besonders wenn es um das Immunsystem geht, zeigen sich spannende Unterschiede, die oft wenig bekannt sind. Genau hier beginnt das medizinische Verständnis für die sogenannte Männergrippe: Sie hat nicht nur kulturelle, sondern auch biologische Wurzeln.

Der Einfluss der Hormone

Ein wesentlicher Faktor liegt im Hormonhaushalt. Östrogene, die bei Frauen in höherer Konzentration vorhanden sind, unterstützen das Immunsystem. Sie fördern die Produktion von Antikörpern und verstärken die Immunantwort. Testosteron dagegen – das männliche Sexualhormon – wirkt eher immunsuppressiv. Heißt: Es kann das Immunsystem bremsen.

Das bedeutet nicht, dass Männer grundsätzlich ein schlechtes Immunsystem haben. Aber ihre Abwehrkräfte reagieren in bestimmten Situationen träger oder weniger effektiv. Gerade bei Virusinfekten wie einer klassischen Grippe oder einem grippalen Infekt könnte das erklären, warum Männer intensiver unter den Symptomen leiden.

Genetische Unterschiede bei der Immunantwort

Neben den Hormonen spielt auch die genetische Ausstattung eine Rolle. Frauen verfügen über zwei X-Chromosomen, Männer nur über eines. Auf dem X-Chromosom befinden sich jedoch viele immunrelevante Gene – ein evolutionärer Vorteil für Frauen. Studien zeigen, dass Frauen daher bei vielen viralen Erkrankungen schnellere und stärkere Immunreaktionen zeigen.

Das hat allerdings auch eine Kehrseite: Frauen sind anfälliger für Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem überreagiert. Männer wiederum sind häufiger von schweren Infektionsverläufen betroffen. Ein bekanntes Beispiel: COVID-19. Männer hatten statistisch gesehen häufiger schwerere Verläufe und eine höhere Sterblichkeitsrate.

Schmerzempfinden: Kein eingebildetes Leiden

Wenn Männer krank sind, wird oft über ihre vermeintlich übertriebene Reaktion auf Schmerzen geschmunzelt. Doch ist das wirklich nur eine Frage der Psyche – oder steckt auch hier mehr dahinter? Tatsächlich gibt es spannende wissenschaftliche Erkenntnisse dazu, wie Männer Schmerzen erleben – und warum das so ist.

Fühlen Männer Schmerzen wirklich intensiver?

Ein weiterer Punkt, der in der Männergrippe-Debatte gern ignoriert wird, ist das Schmerzempfinden. Studien zeigen: Männer und Frauen nehmen Schmerzen unterschiedlich wahr. Zwar ist das Schmerzempfinden individuell und stark subjektiv, doch hormonelle Unterschiede und die Schmerzverarbeitung im Gehirn spielen hier mit rein.

Testosteron kann die Schmerzwahrnehmung verändern, aber auch die persönliche Erziehung – also wie wir gelernt haben, mit Krankheit umzugehen – spielt eine Rolle. Viele Männer sind es weniger gewohnt, Schwäche zu zeigen oder sich um sich selbst zu kümmern. Wenn sie dann krank sind, trifft es sie oft härter, weil sie schlicht nicht wissen, wie sie mit dem Zustand umgehen sollen.

Sozialisation und Rollenerwartungen

In unserer Gesellschaft wird von Männern oft erwartet, stark, belastbar und „hart im Nehmen“ zu sein. Das führt dazu, dass viele Beschwerden lange ignoriert oder bagatellisiert werden – bis es nicht mehr geht. Dann kommt es zu einem plötzlichen „Krankheitseinbruch“, der nach außen überdramatisch wirkt, aber in Wahrheit eine lange Phase des Verdrängens hinter sich hat.

Auch hier gilt also: Die Männergrippe ist nicht immer Show – sie ist oft Ausdruck eines gestauten Bedürfnisses nach Ruhe, Pflege und Anerkennung.

Was sagt die Forschung zur Männergrippe?

Auch wenn der Begriff oft mit einem Augenzwinkern verwendet wird, hat sich die Wissenschaft längst ernsthaft mit der Frage beschäftigt, ob Männer wirklich stärker unter Erkältungskrankheiten leiden. Tatsächlich gibt es interessante Studien und Erkenntnisse, die den Mythos der Männergrippe in ein neues Licht rücken – und die biologische sowie soziale Dimension dieser Diskussion beleuchten.?

Kanadische Studie mit Humor – und Erkenntnis

Im Jahr 2017 sorgte eine kanadische Übersichtsstudie für Aufsehen. Dr. Kyle Sue veröffentlichte in der renommierten Fachzeitschrift „BMJ“ (British Medical Journal) eine Analyse über die Männergrippe – mit einem Augenzwinkern, aber fundierten Daten.

Er kam zum Ergebnis: Männer haben vermutlich tatsächlich ein schwächeres Immunsystem bei viralen Atemwegsinfekten. Seine Hypothese: Die übertriebene Reaktion könnte ein evolutionäres Schutzverhalten sein – ein Rückzug zur vollständigen Regeneration, um sich nicht weiter zu schwächen. Ob man das als medizinische Notwendigkeit oder cleveres Selbstschutzprogramm sehen möchte, bleibt offen.

Männer leiden anders – aber nicht weniger

Auch andere Studien bestätigen, dass Männer auf Influenza-Viren oft sensibler reagieren und stärkere Symptome entwickeln. Hinzu kommt: Männer sind seltener bereit, sich frühzeitig Hilfe zu holen. Sie warten länger, bis sie zum Arzt gehen, und greifen seltener zu Medikamenten. Das kann den Krankheitsverlauf verlängern – und das subjektive Leid verstärken.

Warum der Begriff „Männergrippe“ problematisch sein kann

Der Ausdruck „Männergrippe“ wird oft scherzhaft benutzt – doch was witzig klingt, kann auch unterschwellig entwerten. Begriffe formen unsere Wahrnehmung, und wenn eine Erkrankung pauschal lächerlich gemacht wird, bleibt wenig Raum für Verständnis und Fürsorge. Gerade Männer, die mit Krankheit ohnehin seltener offen umgehen, fühlen sich dadurch möglicherweise noch weniger ernst genommen.

Klischees fördern keine Gesundheit

Auch wenn der Begriff der Männergrippe lustig gemeint ist: Er kann dazu führen, dass Männer weniger ernst genommen werden, wenn sie wirklich krank sind. Das erschwert die medizinische Versorgung – gerade bei ernsthaften Erkrankungen.

Wenn Männer gelernt haben, dass ihre Beschwerden abgetan oder verspottet werden, fällt es ihnen schwerer, Symptome offen zu kommunizieren. Das kann im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich sein – zum Beispiel bei Herzinfarkten, die sich anfangs nur durch leichte Beschwerden äußern.

Gesundheitsbewusstsein stärken statt belächeln

Statt Männer in Krankheitsphasen zu belächeln, sollten wir vielmehr ihr Gesundheitsbewusstsein fördern. Dazu gehört auch: Offen über Beschwerden zu sprechen, Arzttermine ernst zu nehmen und sich Ruhe zu gönnen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Ein wichtiger Schritt ist es, die Stereotype rund um Männlichkeit und Krankheit zu hinterfragen. Wer sich erlaubt, auch mal schwach zu sein, zeigt Stärke im Umgang mit sich selbst.

Alltagstipps für Männer bei Erkältung & Co.

Wenn Männer krank werden, ist das nicht nur eine körperliche Belastung – oft kommt auch eine emotionale Komponente hinzu. Das Gefühl, schwach oder nicht leistungsfähig zu sein, kann gerade Männern zu schaffen machen. Deshalb ist es umso wichtiger, gesunde Routinen zu kennen und sich aktiv um das eigene Wohlbefinden zu kümmern.

Was Männer konkret tun können

  • Frühzeitig auf Körpersignale achten: Wer rechtzeitig pausiert, wird schneller wieder fit.
  • Sich nicht scheuen, Unterstützung zu holen – sei es in Form von Hilfe im Alltag oder medizinischer Beratung.

Zudem hilft es, kleine Rituale zu etablieren, die das Immunsystem stärken: ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und soziale Kontakte. Auch Impfungen – etwa gegen Influenza – sind ein sinnvoller Schutz, der Männer im Winter vor schweren Verläufen bewahren kann.

Was Partnerinnen und Familien tun können

Nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihr Umfeld spielt eine wichtige Rolle im Umgang mit Krankheiten – auch bei der Männergrippe. Wie Partnerinnen, Kinder oder Freunde reagieren, kann entscheidend dazu beitragen, ob sich der Mann verstanden, unterstützt oder eben belächelt fühlt. Ein liebevoller, aber ernstgemeinter Umgang kann den Genesungsprozess positiv beeinflussen.

Zwischen Mitgefühl und Motivation

Partnerinnen, Freunde oder Familienmitglieder stehen oft ratlos daneben, wenn der Mann unter der sogenannten Männergrippe leidet. Doch statt nur zu spotten, hilft ein Mittelweg aus Mitgefühl und sanfter Motivation.

Ein warmes Essen, ein bisschen Zuspruch und das Angebot, gemeinsam zum Arzt zu gehen, können Wunder wirken. Gleichzeitig darf auch mal liebevoll erinnert werden: „Du bist krank – kein Versager. Aber du kommst da durch.“

Fazit: Kein Mythos, aber auch kein Drama

Die Männergrippe ist weder kompletter Unsinn noch ein medizinischer Notfall – sie liegt irgendwo dazwischen. Es gibt biologische Unterschiede, die erklären, warum Männer bei Infekten manchmal stärker betroffen sind. Auch gesellschaftliche Rollenbilder und mangelnde Selbstfürsorge spielen mit hinein.

 

Wer den Begriff nutzt, sollte ihn mit einem Augenzwinkern sehen – nicht als Waffe gegen männliche Schwäche. Und Männer selbst dürfen lernen, sich in Krankheit ernst zu nehmen, sich früh zu kümmern und Hilfe anzunehmen. Das ist keine Schwäche – das ist kluge Selbstfürsorge.

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