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ADHS: Wenn der Kopf nie stillsteht – Symptome, Ursachen und Umgang mit der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung

Unkonzentriert, impulsiv, ständig in Bewegung – ADHS ist mehr als nur „zappelig sein“. Es ist eine neurobiologische Störung, die den Alltag stark beeinflussen kann – nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen.

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Sie ist keine Modeerscheinung, sondern eine wissenschaftlich gut belegte Diagnose, die auf einer veränderten Reizverarbeitung im Gehirn basiert. Etwa 5 bis 7 % der Kinder und rund 2 bis 3 % der Erwachsenen sind betroffen. Dabei zeigt sich ADHS sehr unterschiedlich: Manche sind unruhig und impulsiv, andere eher verträumt und unaufmerksam. Wichtig ist, die individuellen Ausprägungen zu erkennen und passende Wege im Umgang damit zu finden.

Was ist ADHS genau?

ADHS ist eine Störung der neuronalen Informationsverarbeitung – insbesondere in den Bereichen, die für Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Handlungsplanung zuständig sind. Die Ursachen sind komplex und beinhalten eine genetische Komponente, neurobiologische Besonderheiten sowie Umwelteinflüsse.

 

Das Gehirn von Menschen mit ADHS verarbeitet Reize anders, insbesondere in Bereichen, die für Motivation, Handlungssteuerung und emotionales Gleichgewicht zuständig sind.

Es gibt drei Haupttypen:

  1. Vorwiegend unaufmerksamer Typ (früher oft als ADS bezeichnet): Schwierigkeiten, bei Aufgaben zu bleiben, Details zu beachten oder sich zu organisieren.
  2. Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ: Auffällige Unruhe, impulsives Verhalten, häufiges Unterbrechen oder Zappeln.
  3. Kombinierter Typ: Merkmale von Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität treten gleichzeitig auf.

Darüber hinaus können auch emotionale Reaktionen wie Frustrationstoleranz, Stimmungsschwankungen oder plötzliche Wutausbrüche eine Rolle spielen – besonders bei Kindern, aber auch im Erwachsenenalter.

Typische Symptome bei Kindern

ADHS beginnt meist im frühen Kindesalter – oft zeigen sich die Symptome schon vor dem Schuleintritt. Typisch sind:

  • Konzentrationsprobleme in Schule oder Freizeit
  • Häufiges Vergessen oder Verlieren von Dingen
  • Zappeln, Herumrennen, Schwierigkeiten stillzusitzen
  • Impulsives Verhalten, wie dazwischenreden oder unüberlegte Handlungen

Zusätzlich fällt vielen Kindern mit ADHS der soziale Umgang schwer: Sie geraten schneller in Konflikte mit Gleichaltrigen oder Erziehenden, haben Schwierigkeiten mit Gruppensituationen oder reagieren überempfindlich auf Kritik. Diese Herausforderungen können zu Ablehnung oder Ausgrenzung führen, was das Selbstwertgefühl weiter beeinträchtigt.

ADHS bei Erwachsenen – oft unerkannt

Viele Erwachsene mit ADHS wissen lange nichts von ihrer Diagnose. Die Symptome verändern sich mit dem Alter und äußern sich subtiler:

  • Innere Unruhe statt körperlicher Hyperaktivität
  • Organisation fällt schwer, Aufgaben werden aufgeschoben
  • Stimmungsschwankungen, Ungeduld, Überempfindlichkeit
  • Schwierigkeiten in Beziehungen oder im Job

Typisch ist auch ein sogenannter „ADHS-Crash“ – das Gefühl, durch ständige Überforderung emotional und körperlich erschöpft zu sein. Hinzu kommt häufig ein übermäßiges Grübeln, ein schlechtes Zeitmanagement und das Gefühl, den Alltag nie wirklich im Griff zu haben. Oft überlagern sich die Symptome mit anderen psychischen Belastungen wie Depressionen, Ängsten oder Suchttendenzen – das macht die Diagnose bei Erwachsenen nicht leicht.

Ursachen: Wie entsteht ADHS?

Die Entstehung von ADHS ist multifaktoriell. Eine zentrale Rolle spielen genetische Veranlagungen: Wenn ein Elternteil betroffen ist, steigt das Risiko für die Kinder deutlich. Auch neurobiologische Auffälligkeiten – z. B. in den Botenstoffsystemen für Dopamin und Noradrenalin – wurden nachgewiesen. Diese Neurotransmitter sind entscheidend für Aufmerksamkeit, Motivation und Reizfilterung.

Zusätzlich beeinflussen äußere Faktoren das Erscheinungsbild:

  • Frühgeburt, Komplikationen bei der Geburt
  • Stress oder Alkohol in der Schwangerschaft
  • Familiäre Belastungen oder psychosozialer Stress
  • Fehlende Struktur im Alltag oder Überforderung in der Schule

ADHS ist keine Folge schlechter Erziehung – aber ein sensibles, unterstützendes Umfeld kann helfen, die Symptome zu mildern und Kompetenzen zu stärken.

Diagnose: Wie wird ADHS festgestellt?

Die Diagnose erfolgt durch Fachärzt:innen oder Psychotherapeut:innen und umfasst mehrere Schritte:

  • Detaillierte Anamnese mit Kind und Bezugspersonen (bei Erwachsenen ggf. Lebensrückblick)
  • Verhaltensbeobachtung, strukturierte Interviews, Fragebögen, Schulberichte
  • Ausschluss anderer Erkrankungen (z. B. Schilddrüsenstörungen, Depressionen, Autismus-Spektrum-Störungen)

Bei Erwachsenen werden oft auch berufliche und partnerschaftliche Herausforderungen in die Beurteilung einbezogen. Auch retrospektive Diagnosen – also Rückschlüsse auf Kindheitsverhalten – sind üblich. Wichtig: Eine fundierte Diagnose braucht Zeit, Sorgfalt und Erfahrung.

Behandlungsmöglichkeiten: Was hilft bei ADHS?

ADHS ist gut behandelbar – vor allem dann, wenn Therapie, Alltag und Umfeld zusammenspielen. Es gibt kein „Schema F“, aber mehrere bewährte Bausteine, die individuell kombiniert werden:

  • Pädagogische Unterstützung: Struktur, klare Regeln, feste Abläufe – vor allem bei Kindern hilfreich, um Orientierung zu bieten.
  • Verhaltenstherapie: Fördert Selbstregulation, Impulskontrolle, Emotionsmanagement und Problemlösungskompetenz.
  • Medikamentöse Therapie: z. B. mit Methylphenidat (Ritalin) oder Atomoxetin – bei mittleren bis schweren Ausprägungen kann sie die Reizfilter im Gehirn stabilisieren und die Konzentration verbessern.
  • Coaching & Beratung: für Eltern, Betroffene oder Partner – hilft im Alltag, Kommunikation und Organisation zu verbessern.
  • Ernährungs- und Bewegungsprogramme: körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung wirken unterstützend auf die Konzentration und das emotionale Gleichgewicht.

Ein ganzheitlicher Therapieansatz ist besonders wirksam – vor allem dann, wenn individuelle Stärken gefördert und Ressourcen bewusst gemacht werden.

Alltag mit ADHS: Tipps für Betroffene und Angehörige

Ein strukturierter Alltag ist oft der Schlüssel zu mehr Ruhe und Sicherheit. Das gilt für Kinder ebenso wie für Erwachsene. Routinen schaffen Orientierung, senken den Stresspegel und erleichtern die Tagesplanung.

  • Schaffe klare Strukturen: Feste Zeiten, To-do-Listen, visuelle Hilfen.
  • Reduziere Reize, die schnell überfordern – z. B. durch ruhige Arbeitsplätze oder gezielte Pausen.

Auch Selbstakzeptanz ist wichtig: ADHS ist Teil der Persönlichkeit – mit Herausforderungen, aber auch mit besonderen Stärken. Viele Menschen mit ADHS sind kreativ, neugierig, spontan, ideenreich und mitfühlend. Diese Eigenschaften verdienen genauso viel Raum wie die Schwierigkeiten.

Schule & Beruf: Mit ADHS erfolgreich sein

Kinder mit ADHS profitieren von einem unterstützenden schulischen Umfeld. Individuelle Förderpläne, mehr Bewegungspausen oder besondere Arbeitsplätze können helfen. Lehrer:innen sollten geschult sein, wie man konstruktiv mit ADHS umgeht – mit Geduld, Wertschätzung und Struktur.

Auch Prüfungsangst oder Lernblockaden sind typische Themen – hier helfen Nachteilsausgleiche, Lerncoaching oder strukturierte Lernpläne.

Erwachsene mit ADHS sollten ihre Stärken kennen und Berufe wählen, die Struktur bieten, aber auch Abwechslung zulassen. Kreative Berufe, soziale Tätigkeiten oder dynamische Umfelder können besonders gut passen. Coaching, Apps zur Selbstorganisation und achtsame Kommunikation unterstützen den Alltag.

ADHS und das soziale Umfeld

Partnerschaft, Freundschaften oder Familienleben – ADHS wirkt sich oft auf soziale Beziehungen aus. Missverständnisse, emotionale Überreaktionen oder Planungsprobleme können belasten. Auch das Bedürfnis nach Rückzug oder impulsive Ausbrüche sind häufig Thema.

Wichtig ist: Verständnis auf beiden Seiten, klare Absprachen und regelmäßiger Austausch. Paar- oder Familientherapie kann helfen, Konflikte zu lösen und Nähe zu stärken. Der offene Umgang mit der Diagnose kann entlasten und gemeinsame Lösungswege eröffnen.

Fazit: ADHS ist herausfordernd – aber auch formbar

ADHS ist keine Schwäche, sondern eine besondere Art, die Welt zu erleben. Mit dem richtigen Wissen, einer fundierten Diagnose und passenden Strategien lässt sich gut damit leben – bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen. Offenheit, Geduld und individuelle Lösungen sind der Schlüssel.

 

Und vor allem: Niemand muss perfekt funktionieren. Es reicht, Schritt für Schritt zu lernen, was gut tut – und den eigenen Weg zu finden.

 

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