Plötzlich pocht der Kopf, Licht wird zur Qual, Geräusche stechen wie Nadeln, der Magen rebelliert – für Menschen mit Migräne ist das leider keine Seltenheit. Allein in Deutschland sind Millionen betroffen, Frauen deutlich häufiger als Männer. Und doch bleibt Migräne oft unverstanden, verharmlost oder falsch behandelt. Dieser Artikel möchte das ändern: Er erklärt dir, was hinter der Erkrankung steckt, wie man sie erkennt, was du im Alltag tun kannst – und warum es sich lohnt, auf deinen Körper zu hören.
Was ist Migräne überhaupt?
Migräne ist eine neurologische Erkrankung mit wiederkehrenden, anfallartigen Kopfschmerzen – meist einseitig, pochend und stark. Hinzu kommen oft Begleitsymptome wie Übelkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit oder sogar Sehstörungen. Die Attacken dauern typischerweise zwischen vier und 72 Stunden.
Ein Krankheitsbild mit vielen Gesichtern
Migräne ist nicht gleich Migräne. Es gibt verschiedene Formen:
- Migräne ohne Aura: Die häufigste Form – starke Kopfschmerzen ohne neurologische Vorboten.
- Migräne mit Aura: Etwa 10–15 % der Betroffenen erleben vor dem Anfall Sehstörungen, Sprachprobleme oder Missempfindungen.
- Chronische Migräne: Wenn an mehr als 15 Tagen im Monat Beschwerden auftreten.
Auch Mischformen und seltene Varianten (z. B. hemiplegische Migräne) kommen vor.
Symptome: Woran erkennst du eine Migräne?
Typisch ist der pulsierende oder stechende Kopfschmerz, meist auf einer Seite des Kopfes. Er verschlimmert sich bei Bewegung und wird von weiteren Symptomen begleitet – etwa Übelkeit, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit oder Lärmintoleranz. Bei Migräne mit Aura gehen diesen Beschwerden neurologische Phänomene voraus, zum Beispiel Flimmersehen oder Sprachprobleme.
Die Ausprägung kann stark variieren – manche haben nur leichte Beschwerden, andere sind für Stunden oder Tage komplett außer Gefecht gesetzt.
Ursachen & Auslöser: Woher kommt die Migräne?
Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass eine genetische Veranlagung besteht, die zu einer Überempfindlichkeit des Gehirns führt. Diese reagiert dann besonders stark auf äußere oder innere Reize – sogenannte Trigger.
Typische Auslöser sind zum Beispiel:
- Schlafmangel oder ein unregelmäßiger Schlafrhythmus
- Stress oder das plötzliche Nachlassen von Anspannung
- bestimmte Lebensmittel (z. B. Rotwein, Käse, Schokolade)
- hormonelle Schwankungen (z. B. vor der Periode)
- Wetterumschwung oder grelles Licht
Nicht jeder reagiert auf dieselben Reize – ein Migräne-Tagebuch kann helfen, persönliche Trigger zu erkennen.
Diagnose: So wird Migräne festgestellt
Viele Migräne-Betroffene haben eine lange Odyssee hinter sich, bis sie eine eindeutige Diagnose bekommen. Die Erkrankung ist nicht im Blut oder Röntgen sichtbar – entscheidend ist die genaue Schilderung der Beschwerden.
Ein erfahrener Arzt stellt Fragen zu Häufigkeit, Dauer, Art des Schmerzes und Begleitsymptomen. In manchen Fällen kommen neurologische Tests oder bildgebende Verfahren (z. B. MRT) zum Einsatz – vor allem, um andere Ursachen auszuschließen.
Therapie: Was hilft – und was nicht
Die Migräne-Therapie besteht aus zwei Säulen: der akuten Behandlung bei Anfällen und der Vorbeugung (Prophylaxe).
Akutbehandlung
Ziel ist es, den Schmerz zu lindern und die Symptome zu kontrollieren. Bewährt haben sich je nach Schweregrad:
- einfache Schmerzmittel wie Ibuprofen oder ASS
- spezielle Migräne-Medikamente (Triptane)
- Ruhe, Dunkelheit, Schlaf
Je früher die Einnahme erfolgt, desto besser die Wirkung.
Vorbeugende Maßnahmen
Ab drei bis vier Attacken pro Monat wird eine vorbeugende Therapie empfohlen. Dazu zählen:
- Medikamente wie Betablocker, Antidepressiva oder neue Antikörper
- regelmäßiger Schlaf- und Tagesrhythmus
- Ausdauersport wie Walking, Schwimmen oder Radfahren
- Stressabbau durch Achtsamkeit, Yoga oder progressive Muskelentspannung
Auch Akupunktur, Biofeedback oder pflanzliche Mittel wie Pestwurz werden unterstützend eingesetzt – die Wirkung ist individuell unterschiedlich.
Migräne im Alltag: Was du selbst tun kannst
Ein klar strukturierter Alltag kann Migräneanfälle reduzieren. Achte auf einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus, plane feste Essenszeiten ein und baue Entspannungsphasen aktiv in deinen Tag ein. Auch Pausen vor Bildschirmen, Sonnenbrillen bei grellem Licht oder Ohrstöpsel in lauten Umgebungen können hilfreich sein.
- Führe ein Migräne-Tagebuch – es hilft, Muster zu erkennen.
- Nimm dich ernst – Migräne ist kein eingebildeter Schmerz, sondern eine anerkannte neurologische Erkrankung.
Frauen & Migräne: Ein besonderes Kapitel
Migräne betrifft Frauen etwa dreimal häufiger als Männer – besonders zwischen dem 15. und 55. Lebensjahr. Hormonelle Schwankungen (z. B. vor der Menstruation, in der Pillenpause oder in den Wechseljahren) gelten als häufige Trigger.
Für viele Frauen kann es hilfreich sein, die hormonelle Situation in die Therapieplanung einzubeziehen. Auch eine hormonelle Verhütung kann je nach Typ die Beschwerden verbessern – oder verschlechtern. Eine ärztliche Beratung ist hier besonders wichtig.
Kinder & Jugendliche mit Migräne
Auch Kinder und Jugendliche können Migräne bekommen – und zwar gar nicht so selten. Die Beschwerden äußern sich oft anders als bei Erwachsenen: Der Schmerz ist beidseitig, Übelkeit steht im Vordergrund oder die Kinder werden einfach nur blass und ziehen sich zurück.
Eltern sollten aufmerksam beobachten, was das Kind belastet – und ärztlich abklären lassen, ob eine Migräne vorliegt. Frühzeitige Hilfe kann viel Leid ersparen.
Fazit: Migräne verstehen – und nicht verzweifeln
Migräne ist belastend, keine Frage. Aber sie ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Wer die Erkrankung ernst nimmt, sich informiert, ärztlich beraten lässt und den Alltag bewusst gestaltet, kann sehr viel Lebensqualität zurückgewinnen. Jeder Mensch mit Migräne ist einzigartig – und genauso individuell sollte auch die Behandlung sein.